Gelebte IT-(Un-)Sicherheit: Zwiedenken als Grundproblem

Wie ich darauf komme?

Es begab sich aber zu der Zeit, dass ich mich zu einem Webinar (Thema: die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung) bei einem der ganz großen europäischen Anbieter von IT-Sicherheitslösungen angemeldet habe, aber zum Zeitpunkt des Webinars leider verhindert war. Folglich erhalte ich – super! – eine Email mit einem Link zur Aufzeichnung des Webinars, falls ich doch noch Zeit finden sollte, mir das anzuschauen.

Soweit, so gut. Wegen Absatz 1) oben nun zwischendurch ein kleiner Exkurs:

Eines der sicherheitstechnisch insgesamt allerproblematischsten Softwarepakete ist der völlig veraltete und wie ein Schweizer Käse voller Sicherheitslücken steckende Adobe Flash Player, den selbst der Hersteller Adobe mittlerweile wohl am liebsten niemals veröffentlich hätte. Diesen Player benötigte man früher – ja, früher, wirklich früher, vor 10 Jahren oder so, in der Steinzeit des World Wide Web – um aktive Inhalte, Animationen etc. auf Webseiten darzustellen. Also wurde von vielen Animations- und Video-Anbietern im Web vorausgesetzt, dass man diesen als Browser-Plugin in seinen Internet-Browser installierte. Dies war seinerzeit ein Quasi-Standard. Allerdings sind diese Zeiten seit Jahren vorbei.

Der Adobe Flash Player ist aus der Zeit gefallen und gehört nicht länger zur Grundausstattung

Flash ist bekanntermaßen eines der Haupteinfallstore für Schadsoftware auf PCs. Seit vielen Jahren raten alle Sicherheitsexperten, das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und längst auch der Hersteller von Flash selbst, das Produkt auf Anbieterseite nicht mehr zu verwenden und – auf Anwenderseite – möglichst sofort von allen Systemen zu deinstallieren, um nicht unkontrollierten Bedrohungen schutzlos ausgesetzt zu sein. Es gibt seit vielen Jahren bereits viel bessere und viel sicherere Alternativen, weil solche Inhalte von aktuellen Browsern mit HTML5 längst ohne gefährliche Plugins nativ unterstützt werden.

So. Exkurs beendet, zurück zur Geschichte.

Gestern hatte ich Zeit. Und dachte, na, da schaust Du Dir doch mal den Webcast von XXX (der Name ist der Redaktion bekannt, sollten Sie bei einem großen Anbieter von Firewalls arbeiten und nun alarmiert sein, rufen Sie mich gerne an!) an. Und – ich vermute mal, sie ahnen es mittlerweile längst, was erhalte ich auf meinem Bildschirm…?

Richtig: Die Fehlermeldung, dass der Webcast nicht angezeigt werden kann, WEIL MIR DER FLASH PLAYER FEHLT!

Dazu fällt mir nun wirklich nichts mehr ein, außer Ihnen noch die Definition von „Zwiedenken“ mit auf den Weg zu geben, wie sie in der Wikipedia zu finden ist – verbunden mit der Bitte, mit offenen Augen durch die IT-Welt zu gehen und zu schauen, wo dieses so überall angewendet wird:

Doppeldenk (engl. doublethink; in älteren Übersetzungen: Zwiedenken) ist ein Neusprech-Begriff aus dem dystopischen Roman 1984 von George Orwell und beschreibt eine Art schizophrenen Denkens, von dem gesagt wird, dass zu seinem Verständnis Doppeldenk selbst die Voraussetzung bilde. Durch dieses propagierte Denken, bei dem zwei widersprüchliche oder sich gegenseitig ausschließende Überzeugungen aufrechtzuerhalten und beide zu akzeptieren sind, setzt die herrschende Kaste die Gesetze der Logik außer Kraft. Dadurch wird das Denken der Parteimitglieder schwammig und in Zweideutigkeit gehalten, wodurch schnelle Kurswechsel des Regimes auf eigentümliche Weise sofort akzeptiert werden können, auch wenn es sich dabei um das genaue Gegenteil der zuvor noch „gültigen Wahrheit“ handelt, etwa bei abrupten Wechseln der Feindbilder oder der politischen Losungen.[1]

Das schließt mit ein: Absichtlich Lügen zu erzählen und aufrichtig an sie zu glauben; jede beliebige Tatsache zu vergessen, die unbequem geworden ist, und dann, falls es wieder nötig ist, sie aus der Vergessenheit zurückzuholen; so lange wie nötig die Existenz einer objektiven Realität zu leugnen und gleichzeitig die Realität zu akzeptieren, die man verleugnet.

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